Wasser in der historischen Altstadt von Korbach – gibt’s das überhaupt? Na klar, mag man sich denken, wir sind ja eine Hansestadt! Da muss es doch Wasser geben… Allerdings sucht man in Korbach einen größeren Fluss oder gar einen Hafen vergeblich – denn die Hansestadt Korbach wurde an einer Kreuzung von zwei wichtigen Fernhandelsstraßen des Mittelalters gegründet und diente somit als Warenumschlagsplatz der Hansekaufleute im Binnenland.
Wer in der Korbacher Altstadt Wasser sucht, muss vielmehr die Kümpe finden. Vier Stück gibt es heute noch. Ein „Kump“ ist kein Brunnen, sondern ein großer (steinerner) Trog oder eine Art Zisterne. Die Korbacher Kümpe wurden seit 1367 aus einer 3 km langen Wasserleitung aus hölzernen Rohren gespeist, die von der Quelle „Lindenborn“ im benachbarten Ortsteil Lengefeld bis in die Stadt geführt wurde. Die dienten vor allem als Reservoir für Löschwasser. In der eng mit leicht brennbaren Fachwerkhäusern bebauten Altstadt mit vielen offenen Feuerstellen waren solchen Löschwasser-Reservoire sehr wichtig, wenn sie auch nicht alle Brände in der Korbacher Stadtgeschichte verhindern konnten.
Denn Löschen war damals nicht einfach. Es gab schließlich keine Schläuche und Wasserspritzen, nur Ledereimer, die über eine Eimerkette von Mann zu Mann bis zum brennenden Haus weitergereicht werden mussten. Wie das funktioniert, können Kinder bei einer Erlebnisführung mit historisch gewandeten Stadtführern selbst ausprobieren und mit Wasser aus einem Kump das Rathaus „löschen“…
Die vier Kümpe stehen heute in der Lengefelder Straße (Feldhühnerchenkump), auf dem Rathausplatz, an der Stechbahn vor der Kilianskirche und auf dem historischen Altstädter Marktplatz. Ihr Trinkwasser gewannen die Korbacher aus zahlreichen über das Stadtgebiet verteilten Windebrunnen, die bis in das Grundwasser reichten. Unter anderem im Foyer der Waldeckischen Landeszeitung ist ein solcher historischer Brunnen noch heute zu besichtigen.
Und noch eine Besonderheit gibt es in Korbach, die mit Wasser zu tun hat. Oder vielmehr damit, dass das Wasser zeitweilig verschwindet. Was für einen Bach – denn um einen solchen handelt es sich bei dieser Geschichte – natürlich recht untypisch ist.
Es geht um die Marbeck, die das gleichnamige Naherholungsgebiet westlich von Korbach durchfließt. Der kleine Bach wurde in den letzten Jahren renaturiert und darf sich wieder in großen Bögen in der Talaue ausbreiten. Informationstafeln geben Auskunft über Naturschutzmaßnahmen, geologische Phänomene und die besondere Pflanzen- und Tierwelt. Wenn einmal kein Wasser im Flussbett zu sehen sein sollte, ist das eine geologische Besonderheit: im Untergrund aus Kalkstein gibt es zahlreiche Klüfte und Spalten, in die der Bach bei geringer Wasserführung vollständig versickert. Man kennt das z.B. auch von größeren Flüssen wie der Donau („Donau-Versinkung“), die im Sommer in einem Flussabschnitt bei Immendingen (Landkreis Tuttlingen) vollständig austrocknet.
Die Wissenschaftler sprechen dabei von „Flussschwinden“ oder „Schlucklöchern“ – ein Phänomen, das in Tälern über Kalkstein, wie er rund um Korbach im Untergrund ansteht, häufiger vorkommt. Den Kalkstein kann man übrigens überall in der Altstadt besichtigen: die steinernen Lagerhäuser der Hansekaufleute, das historische Rathaus von 1377, die beiden gotischen Hallenkirchen von Alt- und Neustadt und der doppelte Stadtmauerring sind aus Korbacher Kalkstein erbaut.
Und als kleines Bonbon zum Abschluss: Natürlich hat auch dieser Kalkstein etwas mit Wasser zu tun: Er wurde im Zechsteinmeer abgelagert, dass vor 250 Mio. Jahren das Gebiet des heutigen Korbachs überflutete. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte, die Sie im GeoFoyer Kalkturm Korbach selbst erleben können…
Sie sehen: Auch in einer Hansestadt ohne Fluss und Hafen kann man ganz viel rund ums Wasser entdecken!
Weiterführende Informationen/Links:
Bei einer Stadtführung (April-Oktober: jeden Di. 14.30 Uhr und Sa. 10.30 Uhr, Start: Tourist-Information) erfahren Sie viel Interessantes zu Korbach in der Hansezeit und besichtigen auch die Kümpe.
Der GeoPfad Korbach, der die weltberühmte Fossilienfundstätte „Korbacher Spalte“ als 20 km langer Rundwanderweg mit dem Eisenberg und dem hiesigen Goldbergwerk verbindet, führt durch das Naherholungsgebiet Marbecktal. In der Begleitbroschüre (erhältlich in der Tourist-Information Korbach) sowie auf Infotafeln vor Ort wird u.a. auch das Verschwinden des Wassers der Marbeck erklärt.
Tourist-Information Korbach
Stechbahn 2, 34497 Korbach
Tel. 05631 53-232
tourismus@korbach.de
www.hansestadt-korbach.de
Im Innenhof bzw. in der Ausstellung des Korbacher Museums können Sie einen Trinkwasserbrunnen aus dem Mittelalter sowie alte Ledereimer (mit Namen/Ort beschriftet) zum Löschen von Bränden besichtigen.
Wolfgang-Bonhage-MUSEUM KORBACH
Kirchplatz 2, 34497 Korbach
Tel. 05631 53-289
museum@korbach.de
www.museum-korbach.de