Die Definition von Heimat ist sehr individuell. So hängt sie zum Beispiel auch davon ab, wie weit man sich von ihr entfernt. Je weiter man weg ist, umso größer ist die Heimat – also Deutschland. Innerhalb Deutschlands ist es NRW, innerhalb NRW ist es das Ruhrgebiet und dann zum Beispiel Recklinghausen. Aber die letzten Monate haben uns Reiseweltmeister gelehrt, dass reisen gar nicht selbstverständlich ist. Auf einmal sind Urlaubsreisen, selbst im eigenen Land, nicht möglich.
Aber warum nicht aus der Not eine Tugend machen: einfach mal Tourist in der eigenen Heimat sein! Das ist einer der positiven Aspekte, den wir der herausfordernden Pandemie-Situation abgewinnen können. Es findet ein Umdenken statt – in vielerlei Hinsicht. Durch die Veränderung äußerer Bedingungen wird das Gewohnheitstier Mensch herausgefordert.
Mit der Industrialisierung entstand das Ruhrgebiet. Es wuchsen Zechen, Halden, Häfen, Trassen und Siedlungen. Nun wiederum wandeln sich mit dem Fortschritt der Technik und dem Ausbau des Dienstleistungssektors diese Arbeits- und Lebenswelten zusehends. Und zwar so sehr, dass es für jeden unterwegs zu beobachten ist. So sind die vermeintlich industriellen, grauen Orte mittlerweile grüne Oasen, sie sind Orte für aktive kleine und große Entdecker, oder thematisch Interessierte.
Früher gab es Handelsrouten, heute werden Rad- und Wanderrouten gehandelt. Im Internet und unter Freunden, völlig kostenfrei, voller Insidertipps und Fotos, die Lust wecken, sofort loszuziehen, ganz nach Gusto zu Fuß oder per Rad.
Alles beginnt mit einer Gedankenreise, wohin soll es gehen, wie will ich mich fortbewegen, was will ich machen? In und um Recklinghausen lassen sich verschiedene Stätten der Industriekultur mit dem Rad komfortabel über gut ausgebaute Radwegtrassen ansteuern.
Vielen bekannt ist die 400 Kilometer lange „Route der Industriekultur“, die sich einmal quer durch das Ruhrgebiet zieht. Sie umfasst 27 Höhepunkte, 17 Aussichtspunkte sowie 13 sehenswerte Siedlungen unterschiedlicher Zeitalter. Sehenswerter Ankerpunkt in Recklinghausen ist das Umspannwerk Recklinghausen, das das Museum „Strom und Leben“ beheimatet. Nur einen Katzensprung entfernt befindet sich das nahe gelegene Trainingsbergwerk in direkter Nachbarschaft der Dreiecksiedlung (ehemalige Zechensiedlung) mit unmittelbarer Anbindung an die Halde Hoheward samt Horizont-Observatorium – Rundum-Blick über das Revier inklusive.
An der frischen Luft sein, sich sportlich betätigen und dabei noch etwas lernen, ist auch auf der König-Ludwig-Trasse möglich. Der Rad- und Spazierweg ist gesäumt von Erinnerungen an vergangene Zeiten, die unter anderem durch sechs bergbauhistorische Exponate geweckt werden. Allerhand Infos sind dazu ebenso zu finden, wie über das Graffiti mit Bergbau-Motiv entlang der Trasse und historische Details über die Ruhrfestspiele, deren Geschichte eng mit der Zeche König Ludwig verknüpft ist.
Wer sich lieber auf digitale Spurensuche begibt, kann sich mit Hilfe des Smartphones entlang des Rhein-Herne-Kanals beim Geocaching versuchen.
Manchmal reicht auch ein Spaziergang in die gute Stube, der Altstadt Recklinghausens. Sie spiegelt noch heute mittelalterliche Strukturen wider und ist gleichzeitig Mittelpunkt des urbanen Lebens im Vestischen Kreis. Ein wunderbarer Ort, um zu flanieren oder gemütlich auf einer Bank zu sitzen und das Geschehen an sich vorbei ziehen zu lassen.
Soll es jeder halten wie er will! Hauptsache am Ende des Tages lässt sich sagen: Ker, war dat schön!