Wenn man heute durch den Barockgarten um das Schloss Neuhaus im gleichnamigen Stadtteil flaniert, kann man kaum glauben, dass dieser wunderschöne Park erst rund 30 Jahre alt ist. Angelegt, teilweise restauriert und renaturiert wurde der Barockgarten als Hauptbestandteil der Landesgartenschau Paderborn 1994. Davor hat das Gelände eine wechselvolle Geschichte erlebt: Es war fürstbischöfliche Residenz, Zuchthaus, Kaserne und Schule.
Schloß Neuhaus wurde in insgesamt fünf Bauphasen zwischen 1370 und 1597 erbaut. Von hier aus lenkten die Paderborner Fürstbischöfe bis zum Jahre 1803 die Geschicke des Landes und machten das Schloss zum kulturellen Mittelpunkt Westfalens. Fürstbischof Klemens August von Bayern, Kirchenfürst von 1719 – 1761, ließ die prachtvolle, barocke Gartenanlage anlegen.
Nach einem kurzen Intermezzo als Zuchthaus unter französischer Fremdherrschaft bestimmten Soldaten für mehr als 100 Jahre das Bild im Neuhäuser Schlossareal. Neuhaus wurde 1820 preußische Garnisonsstadt, und die Schlossanlage avancierte zum Kasernengelände. Erst mit der Übergabe des ehemaligen Kompaniegebäudes am 20. Juli 1992 durch die britischen Streitkräfte an die Stadt Paderborn endete die militärische Nutzung des Schlossareals.
In einem mehrjährigen Förderungsprogramm wurden die Gebäude des Wasserschlosses unter denkmalpflegerischer Aufsicht für die Landesgartenschau renoviert und die schon ruinös zu nennenden Nebengebäude – Marstall und Reithalle – wiederhergerichtet. Allerdings fanden nicht wieder Pferde Unterschlupf in den historischen Gemäuern, sondern ein Kunst- und Naturkundemuseum im Marstall und eine Kunstgalerie in der Reithalle. Das Schloss selbst ist heute Standort der Realschule Schloß Neuhaus, außerdem kann man in den Repräsentationsräumen das Residenzmuseum finden, das sich mit der Geschichte des Schlosses und des Stadtteils beschäftigt.
Die gartendenkmalpflegerische Rekonstruktion des Schlossgartens war die entscheidende Voraussetzung zur Vergabe der Gartenschau nach Paderborn gewesen und damit wurde sie auch das zentrale Hauptthema der Landesgartenschau Paderborn 1994. Neben den ökologischen Aspekten der Flusslandschaft wurde auf der Schlossinsel ein Kulturerbe der barocken Gartenkunst wiederbelebt und in seinen wesentlichen Aspekten rekonstruiert. Bedingt durch die Errichtung einiger Gebäude im Schlossparkgelände aus den verschiedensten Epochen und die dadurch stark beschränkte Freifläche des Parks konnten allerdings nur Teilbereiche des historischen Gartens authentisch hergestellt werden. Die authentisch rekonstruierten Gartenanlagen am Schloss sind die Parterre à l’angloise (Barockgarten), die Gräfte (Wassergraben um das Schloss) und die Rasenbänder. Andere Bereiche des historischen Schlossgartens waren gar nicht oder nur in Grundzügen authentisch rekonstruierbar.
Der große Erfolg der Landesgartenschau (annähernd zwei Millionen Besucherinnen und Besucher nahmen an den Veranstaltungen teil) machte möglich, dass der Park auch nach dem Ende der Veranstaltung erlebbar wurde. Im September 1994 hatte der Rat der Stadt Paderborn beschlossen, dass aus dem Gartenschaugelände ein Dauer-Stadtpark ohne „Kassenhäuschen und Zäune“ werden sollte, der Schloss- und Auenpark Paderborn. So sollte nicht nur das Gelände für die Naherholung gesichert werden, sondern auch weiterhin ein umfangreichen Freizeit- und Kulturprogramm angeboten werden. Der ab 1995 stattfindende „Schlosssommer“, wie das jährlich von Mai bis Oktober stattfindende Veranstaltungsprogramm im Schloss- und Auenpark genannt wird, verzeichnet in den folgenden Jahren stetig steigende Besucherzahlen und ist heute ein fester Bestandteil des Kulturprogramms der Stadt Paderborn.
Kunst und Natur, Historie und Moderne – mit diesen reizvollen Kontrasten verwöhnt der Schloss- und Auenpark Paderborn seit nunmehr bald 30 Jahren seine vielen Besucher und bietet ihnen Erholung für Geist und Seele. Mit seinen landschaftlichen Reizen, seinen gärtnerischen Themen, den abenteuerlichen Spielplätzen, den historischen Gebäuden und Parkanlagen, den Museen und Galerien und der beliebten – mittlerweile auch überregional bekannten – Veranstaltungsreihe „Schlosssommer“ entwickelte sich in den Jahren nach der Landesgartenschau Paderborn 1994 ein attraktiver Freizeit- und Erholungspark, in dem Naturfreunde und Kunstliebhaber gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.