In der Hansestadt Korbach liegt eine der ältesten Schulen im heutigen Hessen und die älteste in der ehemaligen Grafschaft Waldeck, deren intellektueller Mittelpunkt sie übermehrere Jahrhunderte war. Nicht umsonst heißt sie seit 1938 „Alte Landesschule“…
Als im Zuge der Reformation das Korbacher Franziskanerkloster aufgelöst wird, richten die Waldecker Grafen am 7. Mai 1579 in den alten Klostermauern ihr neues Landesgymnasium ein. Die zentrale Bildungsstätte im Land hat nicht nur unter ihren Leitern bedeutende Namen aufzuweisen, wie Rudolf Goclenius (1547-1628), später Professor an der Marburger Universität, nach dessen Sohn ein Krater auf dem Mond benannt wurde. Auch berühmte Schüler wurden hier ausgebildet, u.a. Fritz Henkel (1848-1930), der Gründer des gleichnamigen Waschmittel- und Klebstoff-Herstellers.
Unterrichtsfächer sind in den frühen Jahrhunderten u.a. Latein, Griechisch, Hebräisch, Rhetorik, Grammatik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Musik und Ethik. Falls Ihnen dieseFächer – außer der Fremdsprachen vielleicht – jetzt spanisch vorkommen, liegt das nicht nur an Ihnen, sondern auch an der langen Zeit, die seit den Gründungsjahren der Schulevergangen ist. Denn damals, unter dem Einfluss der Reformation, bedeutet Bildung noch etwas anderes als heute.
Ein Bildungsziel ist zum Beispiel, dass möglichst viele Menschen die Bibel lesen können. Daher werden in protestantischen Gebieten wie Waldeck Gelehrtenschulen mit den drei „heiligen Sprachen“ Latein, Griechisch und Hebräisch eingerichtet. Ein anderes Ziel folgt dem humanistischen Bildungsideal der Renaissance mit seiner Verknüpfung von Wissen und Tugend, wobei ein wahrheitsgemäßer Inhalt und eine vollendete sprachliche Form eine besondere Einheit bilden. Daher wird der Pflege des sprachlichen Ausdrucks ein besonderes Augenmerk geschenkt (Rhetorik, Dialektik, Grammatik).
Hier am Waldeckischen Landesgymnasium in Korbach scheint dies auch gut funktioniert zu haben. Es wird erzählt, dass im 30-jährigen Krieg ein kaiserlicher Feldherr droht, die Stadt zu zerstören, wenn sie nicht 100.000 Taler an ihn bezahle. Da zieht der Konrektor der Schule, Johannes Schurzfleisch, in Begleitung von Lehrern und Schülern in das feindliche Lager und hält eine wohlgesetzte lateinische Rede, in der er den Feldherrn auffordert, die Stadt zu verschonen, so wie Alexander der Große einst die Stadt Theben verschont habe. Korbach sei zwar eine Stadt der Musen, aber „oppidum pauper est!“ – schleudert Schurzfleisch dem Feldherrn entgegen.
Falls Sie mit Ihrem Latein am Ende sind: „Die Stadt ist arm!“ – aber zum Glück humanistisch gebildet. Denn dem Feldherrn gefällt die Rede so gut, dass er sich mit weniger zufrieden gibt und äußert: Sollte er jemals in der Nähe wohnen und seine Religion es zulassen, dann werdeer seine eigenen Kinder nur in Korbach zur Schule schicken.
Auch heute noch ist Korbach ein zentraler Bildungsort. Die Tradition des Landesgymnasiums lebt in der Alten Landesschule fort, wenn auch seit 1971 in neuen Räumlichkeiten außerhalb der historischen Altstadt. Über das Abitur hinaus kann man in Korbach ebenfalls lernen und studieren, obwohl es hier keine eigenständige Universität oder Fachhochschule gibt. Bachelor of Arts-Abschlüsse unterschiedlicher Fachrichtungen können z.B. beim Landkreis Waldeck Frankenberg oder den Beruflichen Schulen Korbach & Bad Arolsen erworben werden, auch ein duales Studium bei Korbacher Unternehmen wie Continental ist möglich. Und am evangelischen Fröbelseminar lernen und studieren rund 250 Frauen und Männer im aktuellen Ausbildungsjahrgang an der „Höheren Berufsfachschule für Sozialassistenz“ und der „Staatlich anerkannten Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik“.
